Schweizer Armee: Influencerin, Infanteristin, Inspiration – Sarah Wichert kämpft für Respekt

Sarah Wichert ist vieles: Hochbauzeichnerin, Influencerin und Oberwachtmeister der Schweizer Infanterie.

Doch vor allem ist sie eine Kämpferin, die ihren Weg mit Entschlossenheit, Mut und viel Menschlichkeit geht. Ein Porträt.

Aufgewachsen in Scuol im Unterengadin, zog es Sarah früh in die Welt hinaus – und später in die Armee. «Ich bin ein einfaches Mädchen vom Land», sagt sie. Doch ihr Lebenslauf zeugt von grosser Willenskraft: Nach starker Gewichtszunahme in ihrer Jugend veränderte sie ihr Leben radikal. Sport und Disziplin wurden ständige Begleiter; ebenso der Wille, Krisen nicht länger hilflos gegenüberzustehen.

Zwei prägende Erlebnisse im Bekanntenkreis – ein Suizidversuch und ein Drogenvorfall – motivierten sie, Extremsituationen meistern zu lernen. Sie entschied sich für die Infanterie; eine Männerdomäne.

Eine Frage des Willens

Bereits die Aushebung war hart: «Ich habe wortwörtlich gebissen an diesem Sporttest», erzählt sie. Vier Monate lang trainierte sie für den Test – und erhielt die begehrte Auszeichnung für ihre Sportlichkeit; eine Leistung, die selbst Spitzensportlerinnen nicht immer schaffen.

Mit 600 Männern und nur zwei Frauen startete Sarah ihre Rekrutenschule. Es war ein Kulturschock – der raue Umgangston und der Schlafmangel setzten ihr zu. In der ersten Woche rief sie weinend ihre Mutter an. Doch sie hielt durch: «Ich habe gelernt, dass man heute stärker ist als gestern – und morgen stärker als heute.»

Widerstände und Respekt

Als Frau in der Infanterie stiess Sarah auf Widerstände. Manche Kameraden ignorierten ihre Befehle, weil sie von einer Frau kamen. «Ich musste lernen, damit professionell umzugehen», sagt sie. Mit kluger Ansprache und konsequenter Haltung erarbeitete sie sich Respekt – auch bei Skeptikern.

Doch es gab auch schwierige Momente: Übergriffe, Grenzüberschreitungen, das Ausnutzen von Machtverhältnissen. Situationen, in denen sie sich allein und verletzlich fühlte. «Ich fragte mich oft: Bin ich zu nett fürs Militär?» Heute sagt sie: «Man kann nicht zu nett sein. Stärke zeigt sich darin, menschlich zu bleiben.»

Der Stolz, zu funktionieren

Ein Schiessunfall bestätigte ihren Weg: Sarah leistete sofort Erste Hilfe. «Ich habe einfach funktioniert», sagt sie. Ihre Vorbereitung zahlte sich aus – für sie und andere.

Für Sarah bedeutet Militärdienst mehr als Disziplin und körperliche Härte. Es geht um Kameradschaft, Mut und Selbstvertrauen. Werte, die sie lebt und weitergibt.

Eine Stimme für andere

Als Micro-Influencerin teilt Sarah ihre Erfahrungen auf Instagram und TikTok – offen und ohne Schönfärberei. «Ich möchte zeigen, dass man klein anfangen muss und dass es normal ist, auch schlechte Tage zu haben.» Ihre Community dankt es ihr: Viele junge Frauen schreiben ihr, dass sie dank ihr den Mut gefunden haben, ins Militär zu gehen.

Dabei bleibt Sarah durchaus kritisch: Sie warnt davor, die Armee zu romantisieren: «Es geht nicht nur um coole Bilder. Wer einrückt, muss bereit sein, das Land zu verteidigen.»

Ein Wunsch für die Zukunft

«Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir in der Armee noch mehr auf Toleranz und Akzeptanz setzen. Denn nur gemeinsam sind wir stark.» Ihre Geschichte zeigt: Diese Stärke beginnt beim Einzelnen – und manchmal auch bei einer jungen Frau aus Scuol, die unbeirrt ihren Weg geht.

 

Quelle: Schweizer Armee/ Kommunikation Verteidigung, Mathias Müller (Bearbeitung Christian Bärtschi)
Bildquelle: VBS/DDPS

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